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Wo junge Frauen mehr als ihre männlichen Kollegen verdienen und trotzdem einen Mutterschaftspreis bezahlen: USA und Schweiz

Wenn Frauen und Männer die gleiche Arbeit verrichten, heisst das bekanntlich noch lange nicht, dass sie auch den gleichen Lohn erhalten. In 16 der insgesamt 250 US-Ballungszentren gibt es eine Lohnlücke – aber nicht etwa zulasten, sondern zugunsten junger Frauen.

Frauen verdienen in Washington mehr als Männer
Am deutlichsten ist der Lohnunterschied im nordwestlichsten Bundesstaat Washington: Dort verdienen weibliche Vollzeitbeschäftigte unter 30 im Mittel durchschnittlich 120 Prozent dessen, was ihre männlichen Kollegen nach Hause bringen. Im Raum Morgantown in West Virginia sind es 114, in der Gegend rund um Naples an der Golfküste Floridas 108 Prozent

Woran liegt es, dass die Lohn-Situation für Frauen in jenen Gegenden so viel besser ist als allgemein üblich? Es wird vermutet, dass das Phänomen gleich mehrere Ursachen hat. Die wichtigste ist wohl, dass Frauen im Schnitt schlicht besser ausgebildet sind: Sie stellen fast 60 Prozent der Studentenschaft in den USA und schliessen die Universität häufiger mit besseren Noten und höheren akademischen Graden ab als ihre männlichen Kommilitonen. Deshalb haben Frauen in Regionen, in denen es überdurchschnittlich viele Jobs gibt, die einen Hochschulabschluss erfordern, einen Startvorteil.

Allerdings – und damit wäre man schon wieder beim betrüblichen Teil der Lagebeschreibung: In den übrigen 228 Regionen verdienen Frauen unter 30 weniger als gleichaltrige Männer. Mancherorts sieht es dabei unverkennbar übel aus, etwa in Gegenden von Indiana oder Texas, wo Arbeitnehmerinnen nicht einmal 70 Prozent des Lohnniveaus ihrer männlichen Kollegen erreichen. In der Schweiz hat übrigens die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, die sich nicht durch Unterschiede bei der Qualifikation und Berufserfahrung erklären lässt, zuletzt wieder zugenommen.

Mutterschaftspreis
Auch in den Ballungszentren der USA mit guten Startvoraussetzungen verkehrt sich die Situation mit zunehmendem Alter der Frauen ins Gegenteil. Schuld daran ist der so genannte «Mutterschaftspreis», den Arbeitnehmerinnen zahlen, wenn sie sich fest an einen Partner binden, Kinder bekommen und zumindest zeitweise zu Hause bleiben. Selbst aus einem ursprünglichen Gehaltsvorsprung wird damit rasch ein Rückstand.

Über die gesamte Schweizer Wirtschaft verdienten Frauen 2018 im Schnitt 19,0 Prozent weniger als Männer. 2014 waren es noch 18,1 Prozent gewesen (Quelle: BFS). Laut BFS bedeutet dies, dass Frauen im Jahr 2018 in der Privatwirtschaft pro Monat 684 Franken brutto weniger verdienten.

Zudem haben Frauen zusätzliche Hürden bei der Beförderung zu überwinden. Im jüngsten Bericht der Firma Equileap entpuppt sich die Schweiz als eines der Schlusslichter in Bezug auf die Gleichbehandlung für Personen in Führungspositionen. «Die Schweiz ist das Land, in dem Frauen die geringsten Aufstiegschancen haben», heisst es. Die Zahlen offenbaren eine dicke gläserne Decke.  Diese Ungleichheiten werden zunehmend von jüngeren Menschen angeprangert. Der Kampf gegen derartige Ungleichheiten hat mittlerweile breitere Schichten der Bevölkerung erfasst. Dazu hätten soziale Netzwerke beigetragen, auf denen die Menschen ihre Meinung einfacher ausdrücken könnten.

Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter sind real, aber schmerzhaft langsam.